«Crazy Money in the Mountains» oder cleveres HCD-Management?
«Crazy Money in the Mountains» – dieser Spruch eines berühmten Agenten ist mehr als 20 Jahre alt. Aus einer Zeit, als es der HCD mit dem Geldausgeben etwas übertrieben hat, Sanierungen und Reststrukturierungen stemmen musste, aber unter Arno Del Curto die ersten Titel des 21. Jahrhunderts feiern durfte.
Seither ist viel Zeit vergangen. Aus dem HCD ist unter der Führung von Gaudenz Domenig eine Hockey-Vorzeigefirma mit einem Gesamtumsatz von 34 Millionen geworden. Der HCD hat auf seiner Homepage sogar alle Jahresabschlüsse seit 2007 aufgeschaltet. So viel Transparenz gibt es bei keiner anderen Firma im nationalen Hockey-Unterhaltungsbusiness.
Zur Zeit des verrückten Geldes in den Bergen («Crazy Money in the Mountains») kostete die Mannschaft fast 9 Millionen. Bei einem Budget von 15 Millionen. Seither haben sich die Verhältnisse normalisiert. Die letzte Meistermannschaft (2014/15) war nur noch um eine gute Million teurer.
Und heute? Im Sommer sagte ein berühmter Agent: «Pass auf, sie haben wieder Geld in Davos oben.» Und siehe da: Sandro Aeschlimann hat für fünf Jahre verlängert, Ken Jäger kommt ab nächster Saison für sieben und Dominik Egli für sechs Jahre. Bei allen drei Spielern war unter anderem auch (aber nicht nur) der SCB dran. Drei Transferniederlagen. Wobei jene von Dominik Egli besonders schmerzt: Bevor Martin Plüss Obersportchef in Bern geworden ist, war er der Karriereberater von Dominik Egli.
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Da ist die Frage schon berechtigt: Was ist eigentlich los beim SCB? Weder Sandro Aeschlimann noch Ken Jäger oder Dominik Egli kommen. SCB-General Marc Lüthi schwankt in der ganzen Transfersache zwischen Resignation und stillem Zorn. Er sagt zum «Fall Egli»: «Wir haben gar nicht mehr mitgeboten. Wir sind ausgestiegen. Weil wir diese Exzesse, sowohl was die Löhne als auch die Vertragsdauer betrifft, nicht mehr mitmachen. Sie bringen die gesamte Lohnhierarchie durcheinander.»
Der Hockey-Konzern SCB mit einem Jahresumsatz von rund 60 Millionen kann auf dem Transfermarkt nicht mehr mit den reichen Hunden bellen? Ein Titan zwischen Verzweiflung und Bescheidenheit. Marc Lüthi gibt sich trotzig selbstsicher: «Wir setzten auf eine nachhaltige Entwicklung und das bedeutet, dass wir Geduld brauchen und ‹Dreck fressen› müssen.»
Martin Plüss sieht die Sache etwas entspannter. «Es hat Dominik Egli vor seinem Wechsel nach Schweden in Davos sehr gut gefallen und die Wahrscheinlichkeit war von allem Anfang an gross, dass er wieder nach Davos zurückkehren wird.» Aber auch er sagt, ganz im Sinne seines obersten Chefs Marc Lüthi, dass der SCB gewissen Prinzipien beim Salär und der Vertragsdauer im Hinblick auf eine nachhaltige Entwicklung treu bleibe.
Zahlt nun Davos zu hohe Löhne oder doch nicht? Da mehrere Klubs an Dominik Egli und zuvor auch an Ken Jäger interessiert waren, lohnen sich ein paar Hosentelefonate, um die Höhe der Saläre auszuloten.
Aktuelle
Note
7
Ein Führungsspieler, der eine Partie entscheiden kann und sein Team auf und neben dem Eis besser macht.
6-7
Ein Spieler mit so viel Talent, dass er an einem guten Abend eine Partie entscheiden kann und ein Leader ist.
5-6
Ein guter NL-Spieler: Oft talentierte Schillerfalter, manchmal auch seriöse Arbeiter, die viel aus ihrem Talent machen.
4-5
Ein Spieler für den 3. oder 4. Block, ein altgedienter Haudegen oder ein Frischling.
3-4
Die Zukunft noch vor sich oder die Zukunft bereits hinter sich.
Die Bewertung ist der Hockey-Notenschlüssel aus Nordamerika, der von 1 (Minimum) bis 7 (Maximum) geht. Es gibt keine Noten unter 3, denn wer in der höchsten Liga spielt, ist doch zumindest knapp genügend.
Punkte
Goals/Assists
Spiele
Strafminuten
-
Er ist
-
Er kann
-
Erwarte
Einer, der einen recht guten Überblick hat, behauptet, Ken Jäger werde in Davos bis 2033 siebenmal 700'000 Franken kassieren. Bei Egli seien es bis 2032 sechsmal 800'000 Franken. Sandro Aeschlimann dürfte sich über ein Jahressalär von etwas mehr als 600'000 Franken freuen. Da wären wir dann wieder dort, als der Spruch «Crazy Money in the Mountains» kreiert worden ist.
Aber sind die Davoser wirklich verrückt geworden? In dieser Sache gilt es zu berücksichtigen: Nie wird mehr gelogen und übertrieben als vor Wahlen, nach der Jagd und rund um Spielersaläre. Der HCD weist in seiner Erfolgsrechnung einen Aufwand fürs sportliche Personal von etwas mehr als 11 Millionen aus. Das sind lediglich gut drei Millionen mehr als in der letzten Meistersaison 2014/15. Und entsprechen etwa den sportlichen Aufwendungen in Bern.
Präsident Gaudenz Domenig kommentiert die herumgebotenen Zahlen nicht und hält lediglich fest, dass in Davos keiner 800'000 Franken verdiene. Bei der Transferpolitik gehe es darum, die Voraussetzungen für den Titelgewinn zu schaffen und gibt zu bedenken: «Es geht nicht nur um das Salär.» Ein Spieler interessiere sich auch für die Philosophie des Trainers, für seine Rolle innerhalb des Teams und die sportlichen Perspektiven des Teams.
Auf den Punkt gebracht: Es geht darum, ob sich ein Spieler mit seinem Arbeitgeber identifizieren kann. Langfristige Verträge wie jene von Sandro Aeschlimann, Ken Jäger oder Dominik Egli sind mehr als einfach ein beurkundetes Arbeitsverhältnis. Sie sind ein «Commitment». Das englische Modewort steht für Engagement, Einsatz, Verpflichtung, Bindung, Versprechen, Hingabe, Festlegung, Auftrag, Bekenntnis. So gesehen hat der HCD mit seiner Tradition, seiner Stabilität, seiner Popularität, seiner guten Infrastruktur und dem Spengler Cup auf dem Transfermarkt mehr zu bieten als einfach ein gutes Salär.
Die Davoser hatten es in den Fällen von Sandro Aeschlimann, Ken Jäger und nun Dominik Egli einfacher als ein Klub wie der SCB, der in einer sportlichen und infrastrukturellen Umbruchphase steckt, der noch nicht sagen kann, wer nächste Saison Trainer sein wird (ein Entscheid zu Jussi Tapola ist wohl zeitnah zu erwarten) und der immer noch nicht so recht und leicht verständlich erklären kann, wie die sportliche Philosophie eigentlich aussehen soll. So gesehen hat es der SCB bei den laufenden Gesprächen um eine Verpflichtung von Gottérons Leitwolf und Silberheld Sandro Schmid oder Rappis Silberheld Tyler Moy nicht einfach. Obwohl Tyler Moy vor einem Jahr schon nahe an einem SCB-Vertrag war. Immerhin wird von verlässlichen Gewährsleuten übereinstimmend bestätigt, dass der SCB an beiden interessiert sei.
Es dürfte rund um die grossen HCD-Transfermeldungen wohl so sein, wie es Gaudenz Domenig sagt: «Wir gehören zu den sechs Klubs mit den höchsten Budgets der Liga.» Also ein Klub, der gute, aber keine überrissenen Löhne zahlt. Nicht mehr «Crazy Money in the Mountains». Aber immerhin «Good Money in the Mountains». Mehr Geist (cleveres Management) als Geld.